In den vergangenen sechzig Jahren ist, auch hier im Zuverlässigen, über den Kadett B schon fast alles geschrieben worden. Daher beschränken wir die grundsätzliche Beschreibung des Modells auf das Wesentliche. Aber wir haben einen Blick auf die Exportmodelle für die USA, die Schweizerischen Ascona 1700 und auf die Ausführungen für Südafrika geworfen.
„Das Auto“
„Das Auto“: Dieser Markenclaim von Volkswagen dürfte vielen Autoliebhabern geläufig sein. Ursprünglich hatte allerdings Opel diesen für den Kadett B genutzt. In den 1970er Jahren wurde er in der Opel-Werbung „das Auto“ genannt. Schließlich belegte der Opel Kadett über einen langen Zeitraum den zweiten Platz im Verkaufsranking des Kompaktsegments – hinter dem VW Käfer.










Dennoch erwies sich der Kadett, insbesondere der Kadett B, als ein erfolgreiches Modell. Mit einer Produktionsmenge von über 2,6 Millionen Einheiten gehört er zu den erfolgreichsten Opel-Modellen in der Geschichte. Nach einer Produktionszeit von lediglich drei Jahren wurde im September 1965 der Kadett B eingeführt. Mit einer zusätzlichen Länge von 18 Zentimetern erreichte er eine Gesamtlänge von über vier Metern. Zu jener Zeit wurde das Fahrzeug mit einer Länge von 4,10 bis 4,18 Metern in die Kompaktklasse eingeordnet, was heutzutage als Kleinwagen betrachtet würde. Zum Zeitpunkt der Markteinführung standen fünf Karosserieversionen zur Verfügung: eine Stufenhecklimousine mit zwei und vier Türen, ein Kombi („Car-A-Van“) mit drei und fünf Türen sowie ein Coupé. Das Coupé war offensichtlich an Fastback-Modellen wie der Chevrolet Chevelle von General Motors ausgerichtet: Ein Dach, das nach hinten flach abfällt, verlieh dem Fahrzeug eine dynamische Kontur. Die drei Lüftungsschlitze in der C-Säule werden zu einem integralen Bestandteil der Geschichte des Automobilwesens: Im gegenwärtigen Gebrauchtmarkt erzielen diese „Kiemen-Coupés“ die höchsten Preise.





Bereits im ersten Jahr verließ der Kadett B mit über 105.000 Exemplaren erfolgreich die Werkshallen. In den aktuellen Kompakt-Modellen beträgt der Anteil des Kombis über 60 Prozent, im Gegensatz zu einem Anteil von lediglich 17 Prozent in der Vergangenheit. Etwa die Hälfte der Produktion von Kadett B wurde ins Ausland geliefert. Das Modell verzeichnet ebenfalls Erfolge im Motorsport. Der Rallye-Kadett, welcher 1966 mit einem 60 PS starken Motor an den Start ging, repräsentierte lange vor dem VW Golf GTI den ersten Vertreter aller kompakten Sportler. Die Lackierung der Motorhaube in mattschwarzer Farbe dient dazu, eine Blendung des Fahrers durch die Sonne zu verhindern. Seitliche Rallyestreifen waren vorhanden. Die Version mit 90 PS, die ab 1967 verfügbar ist, erreicht beeindruckende 170 km/h. Sie kann bei zahlreichen Rallyes Erfolge verzeichnen. Im Jahr 1967 triumphiert Günther Irmscher, ein Opel-Tuner, bei der Tour d’Europe, und ein Rallye-Kadett erlangt den Klassensieg bei der Rallye Monte Carlo.
Die Leistung des Kadett B nahm ebenfalls mit der Länge zu: Der Einliter-Vierzylinder des Basismodells verfügte nun über fünf zusätzliche Pferdestärken, was insgesamt 45 PS ergab. Des Weiteren stand ein Motor mit einem Hubraum von 1,1 Litern und einer Leistung von 55 PS zur Verfügung. Ein Jahr nach der Markteinführung wurde eine Version mit zwei Vergasern und 60 PS eingeführt. Das Top-Modell, das 1967 vorgestellt wurde, war mit einem 1,9-Liter-Vierzylinder mit 90 PS aus dem Rekord C ausgestattet. Ab 1968 war der Kadett neben dem Viergang-Getriebe auch mit einer Dreigang-Automatik erhältlich, was zu jener Zeit in der Kompaktklasse noch nicht üblich war. Auch die Bordspannung von zwölf Volt ist ungewöhnlich, da sich die Konkurrenten bisher mit sechs Volt zufriedengaben.
Modellpflege 1967
Die ab Modelljahr 1968 produzierten Fahrzeuge wiesen viele technische Verbesserungen auf und waren äußerlich an größeren Rückleuchten zu erkennen. Die Insassen profitierten bei allen Modellen von einer höheren passiven Sicherheit, die sich unter anderem durch ein stärker gepolstertes Armaturenbrett sowie eine Sicherheitslenksäule mit Dreispeichenlenkrad und Prallplatte ergab. In allen Kadett B waren ohnehin Befestigungspunkte für Sicherheitsgurte vorhanden. Die Hinterachse erfuhr die bedeutendste Modifikation: An der vom Kadett A übernommenen Zentralgelenkachse wurden die radführenden Blattfedern durch Längslenker, einen Panhardstab und Schraubenfedern ersetzt, was die Straßenlage des Fahrzeugs merklich verbesserte. Bei der neuen Ausführung waren die vorderen Kotflügel zudem nicht mehr verschweißt, sondern angeschraubt. Das erste Auto mit diesen Verbesserungen trug die Fahrgestellnummer 1234068. Man unterscheidet „Bis-Modell“ und „Ab-Modell“.







Auch in Bezug auf die verfügbaren Karosserien, Motoren und Ausstattungen wurden ab August 1967 umfassende Erweiterungen vorgenommen. Nun war der Caravan auch als Fünftürer erhältlich, und für die Limousine- sowie Coupé-Versionen wurde ein 1,7-l-Motor mit 75 PS (55 kW) ergänzt. Des Weiteren Des Weiteren wurden zwei- und viertürige Fließheckvarianten als Kadett „LS“-Limousine sowie als neue Opel Olympia A produziert.
Olympia A – eleganter Bruder mit traditionsreichem Namen
Ab August 1967 ergänzte der gut ausgestattete und über dem Kadett positionierte Opel Olympia die Opel-Palette. Immerhin rund 80.000 Kunden entscheiden sich für den Olympia A. Dieser war sowohl als Limousine mit zwei oder vier Türen als auch als Coupé verfügbar und verfügte über Motoren mit 60, 75 und 90 PS. Als Basismotor diente die 60 PS starke Maschine des Kadett Rallye 1100.





Zur gehobenen Ausstattung, die als besonders erlesen betrachtet werden durfte, gehörten spezielle Teppiche, eine gepolsterte Armaturentafel und Einlagen mit „Edelholzcharakter“. Türinnenseiten und Seitenwände waren komplett verkleidet, so dass kein „nacktes Blech“ im Innenraum zu sehen war. Die Veränderungen außen umfassten den Kühlergrill, der um die Kotflügelecken gezogen war, die rechteckige Einfassung der Frontscheinwerfer mit integrierten, darunter angeordneten Blinkern und ein Vinyldach (oder ein farblich abgesetztes Dach). Eine zusätzliche Zierleiste am Seitenschweller, eine Aluminium-Heckblende zwischen den Rückleuchten sowie Radkappen vom größeren Rekord C, kombiniert mit speziellen Radzierringen, vervollständigten die Aufwertung.




Im Jahr 1970 wurde der Olympia aus dem Programm genommen. Es gelang ihm nicht, die Kluft zum umfangreicheren Opel Rekord zu schließen. Im gleichen Jahr trat sein Nachfolger, der wesentlich erfolgreichere Ascona A, an.
Im Juli 1973 endete nach 2,6 Millionen Exemplaren auch die Produktion des Kadett B.


Doch auch nach acht Jahren war der Kadett B nicht wirklich alt geworden, da regelmäßige Modellpflegen und eine scheinbar endlose Reihe von Sondermodellen ihn frisch hielten.
Sondermodelle – „Holiday“, „Festival“ und „Grand Prix“ etc.
Kadett Holiday
Der Kadett Holiday (nur Modelljahr 1973) ist ein Sondermodell mit Ausstattungsdetails, die aus anderen Modellen als Extras bekannt sind. Wie zum Beispiel Sportstahlräder, ein Sportlenkrad, große Nebelscheinwerfer (im Gegensatz zu den Fernscheinwerfern des „Festival“, s. u.), eine Nebelschlussleuchte, hohe Vordersitzrückenlehnen mit Kopfstützen sowie einen aufgeklebten, schmalen schwarzen Zierstreifen, der rundum verlief. Der „Holiday“ war mit der 50 PS 1,1 Liter und der 60 PS 1,2 Liter Maschine lieferbar. Der „Holiday Sport“ basierte auf der 2-türigen Standard-Limousine und hatte neben den mattschwarz lackierten Karosserieteilen auch einen Sportauspuff und zusätzlich Drehzahlmesser, Öldruckmesser und Amperemeter in der Mittelkonsole. Er zielte auf junge Fahrer und war eine preiswerte Alternative zum deutlich teureren Kadett Rallye, der auf dem Coupé mit L-Ausstattung basierte.



Kadett Festival
Der Kadett Festival (ebenfalls im Modelljahr 1973) stellt die Luxusausführung dar. Er präsentierte sich als Sport-Coupé und Sport-Limousine mit Metallic-Lackierungen und Velourssitzen, die nur für dieses Modell verwendet wurden.
Er wurde nur mit dem 12S-Motor angeboten, auf Wunsch konnte – zu einem Aufpreis von 527 DM (Coupé) bzw. 424 DM (Lim) – eine 3-Gang-Vollautomatik von GM geordert werden.
Zur Serienausstattung des nur in den Farben Monzablau, Limonengrün oder Saharagold bestellbaren Kadett „Festival“ gehörten Stabilisatoren vorn und hinten, Sporträder mit 155 SR 13-Gürtelreifen, Scheibenbremsen und Bremskraftverstärker, eine stärkere 35 A-Drehstromlichtmaschine, auffällig montierte Halogen-Zusatz-Fernscheinwerfer, eine heizbare Heckscheibe, ein Sportlenkrad und ein doppelter schmaler Seitenstreifen an der Gürtellinie.


Der Grand Prix hatte zusätzlich noch hintere Ausstellfenster und Teppichboden und wurde in Ziegelrot, Ocker, Sierrabeige und Arktisweiß angeboten.
Kadett „Preisboxer“ (auch „XE“, 1970 und 1972)
Der Kadett „Preisboxer“ stellte im Gegensatz zu den vorgenannten Sondermodellen das andere Extrem dar. Er war ein Sparmodell, bei dem Ausstattungsdetails wegfielen. So hatte er einfache schwarze Scheibengummis, einfachere Sitzbezüge, nur der Fahrer kam in den Genuss einer Sonnenblende (!). Es gab nur den Basismotor und keine Metalliclackierungen.
Kadett Sprint
Der Kadett Sprint auf Basis des Rallye Kadett war mit dem1,9-Liter-HL-Motor ausgestattet, der zwei Weber-Doppel-Fallstromvergaser (40 DFO) und eine Leistung von 106 PS (78 kW) bereitstellte. Opel listete das für den Sporteinsatz entwickelte Fahrzeug nicht in den Kadett-B-Preisen auf, jedoch konnte man es als Neufahrzeug beim Opel-Händler oder bei Steinmetz, der ein spezielles Prospekt dafür drucken ließ, bestellen (Preis bei Steinmetz: 10.000 DM). Der Kadett Sprint wurde bei Opel in kleinen Serien produziert, sobald ausreichend Bestellungen vorlagen. Es konnte auf Wunsch ein 5-Gang-Getriebe geliefert werden, neben zahlreichem Sportzubehör.
Kadett „Special“
Unter der Modellbezeichnung Kadett Special gab es ein Sondermodell in der Schweiz, aber auch in den Beneluxländern und in Dänemark.
Der Special aus der Schweiz hat den Schriftzug „Special“ auf rotem Grund sowohl am Heck als auch auf der Motorhaube vorne links. Der Special aus den Niederlanden hat den Schriftzug „Special“ auf schwarzem Grund und nur am Heck. Der dänische Special hatte als besonderes Kennzeichen eine in Segmenten mattschwarz lackierte Motorhaube wie der Rallye, eine bei Limousinen sonst nur beim Sondermodell „Sport“ erhältliche Variation.
Text: Matthias Göbel *4352
Bilder: Alt Opel Archiv, Opel Classic, Jan-Oliver Wagner,
Danke an alle Mitwirkenden: Dirk Diebäcker *3701, Jan-Oliver Wagner *2132, Mattia Ferrari *782 und Leif Rohwedder *5464 (Opel Classic)
„Mini brutes“ – die Buick-Opel
Was unterscheidet das US-Modell vom europäischen Modell?


Bei der Front sieht man Verwandtschaft zum Olympia, allerdings hat der Olympia die Blinker unterhalb der Scheinwerfer und nicht, wie die amerikanischen Modelle, das Standlicht, das sich im Kühler befindet. Bei den Bis-Fahrgestellen unterscheidet sich die Front ebenfalls, hier sind die Blinker unterhalb der Stoßstange platziert. Die einzigen exakt gleichen Bauteile an der Front vom Olympia sind die Ecken, alles andere ist leicht unterschiedlich. Manche Modelle haben an der Seite Blinker, das hatten nicht alle Jahrgänge in der US-Export-Serie, aber die späteren Modelle. Grund hierfür sind die besonderen Vorschriften in den USA.
Auch der Heckbereich unterscheidet sich. Die hinteren Rückleuchten gab es in zwei Größen. Beim Kadett für den US-Export gab es zwei verschiedene Varianten von Heckleuchten. Die älteren gleichen in der Größe dem europäischen Modell, sind aber auch in Rot gehalten. Anders gestaltet ist auch die Konstruktion mit einem Stahlrahmen. Des Weiteren hat die US-Stoßstange hinten, wo normalerweise beim europäischen Modell die Beleuchtung für das Kennzeichen befestigt wird, keine Löcher. Beim US-Modell hat man stattdessen seitliche Leuchten für das Kennzeichen. Die Schriftzüge sind weitgehend gleich, für die USA wurde allerdings noch das GM-Logo hinzugefügt.







Beim Caravan war die Dachreling Serie. Die Reling wies Streben auf, die unter dem Dachhimmel verschraubt waren. In amerikanischen Zubehör-Katalogen gab es eine Art großen Sack zum Schnüren, der auf der Reling platziert werden konnte. Für Europa wurde die schicke Reling nicht offiziell angeboten, war aber in Einzelfällen, mit viel gutem Zureden, über den freundlichen Opel-Händler zu bekommen.
Die meisten US-Kadett, zumindest mit den größeren Motoren, wurden als Automatik ausgeliefert, die natürlich auch in Europa bestellt werden konnte. Außerdem verfügten die Motoren für die USA damals schon über eine Abgasrückführung.
Die Innenausstattung ist hochwertig, war aber in der Form als Sonderausstattung auch auf den europäischen Märkten erhältlich. Dass die Fahrgestellnummer von außen durch die Windschutzscheibe sichtbar sein muss, war in den USA schon lange Pflicht. Das wurde in Europa erst viel später Standard. Außerdem hatten die „mini brutes“ natürlich einen Meilentacho und zudem ein Warnlicht für niedrigen Bremsflüssigkeitsstand. Die breiteren Türgriffe waren allerdings nicht US-spezifisch, sondern wurden bei den Schweizer Modellen in der Regel ebenfalls verbaut.
Ascona 1700 – Exklusives für die Schweiz


General Motors gründete 1935 die Schweizer Niederlassung in Biel und begann dort Anfang 1936 mit der Produktion von Autos, die speziell für den Schweizer Markt bestimmt waren. In erster Linie ging es darum, Einfuhrzölle zu vermeiden. Die dort konstruierten Fahrzeuge wiesen Abweichungen in Einzelheiten im Vergleich zu den Kadett-B-Modellen in anderen Märkten auf.
Der Ascona 1700 setzte ab 1968 die Tradition seines Namens fort und verfügte serienmäßig über zahlreiche Ausstattungsmerkmale, die beim regulären Kadett entweder gegen Aufpreis erhältlich waren oder gar nicht zur Verfügung standen. Die Steppung der schwarzen Kunstledersitze war, wie die seitliche Zierleiste aus Edelstahl mit Gummieinlage, exklusiv für den Ascona, während Elemente wie die zusätzliche Zierleiste am Schweller, Stoßstangenhörner mit Gummiauflage, der beleuchtete Zigarrenanzünder, Aschenbecher im Fond und die verstellbaren Sitzrückenlehnen Teppichboden im Innenraum vom Kadett L übernommen wurden. Dennoch zeigt der Ascona nicht sämtliche Eigenschaften des L-Pakets. Die verchromten seitlichen Fensterrahmen und die Zierleisten an den Radläufen fehlten hier.




Die 1,7-Liter-Maschine mit 75 PS, die im Kadett B in Deutschland ab 1967 angeboten wurde, war in der Schweiz eigentlich nicht verfügbar. Die Ingenieure aus Biel führten die Transplantation des leistungsstärkeren Triebwerks in den Einstiegs-Opel selbstständig durch.
Die Kombination aus 75 PS und einem Fahrzeuggewicht von 780 Kilo führt tatsächlich zu einem Leistungsgewicht, das innerhalb der Kadett-B-Modelle nur vom Rallye-Kadett mit 1900er-Motor getoppt wird.
Bilder: Mattia Ferrari *782
Viva Kadett! Kadett B aus der Produktion in Südafrika
Opel hatte schon immer einen guten Ruf in Südafrika, schon der Olympia war eine bekannte Größe. Mit dem Kadett A kam die Kompaktklasse der sechziger Jahre ins Land, doch erst der Kadett B kam auf nennenswerte Stückzahlen. Diese Zusammenfassung ist eher ein Schlaglicht als eine systematische Dokumentation. Für Letzteres fehlen dem Autor einfach noch zu viele Daten, und Hinweise aller Art sind willkommen. Zu jener Zeit galten Autos aus Deutschland nun als sehr gut, aber auch als sehr teuer. Da waren kreative Lösungen gefragt, auch wenn sie uns recht ungewöhnlich erscheinen mögen – aber irgendwie auch typisch afrikanisch. Bei GM South Africa schaute man sich im GM-Regal um und fand bei Vauxhall Antriebskomponenten, die wesentlich günstiger zu bekommen waren als die aus deutscher Produktion. Zudem war die einheimische Zulieferindustrie bereits in der Lage, diverse Teile nachzubauen. Das passierte nicht nur aus Gründen der Kosteneinsparung, sondern auch aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, einen bestimmten Anteil eines jeden Automobils im eigenen Land herzustellen. Was kam dabei heraus? Die B-Kadett wurden als Teil-CKD in Deutschland bestellt. (CKD steht für completely knocked down, vollkommen zerlegt.) Es ist nichts über eine Zusammenarbeit mit den deutschen GM-Kollegen bekannt, man hat offenbar einfach nur die Bestellliste entgegengenommen und geliefert. Folgende Teile wurden bei der Bestellung der CKD-Sätze weggelassen: Motor, Getriebe, Hinterachse, Innenausstattung, Räder, Stoßstangen und diverse andere Teile wie z. B. Radkappen. Aus England ließ man sich vor allem Motor, Getriebe und Hinterachse kommen, und zwar vom Vauxhall Viva. Der wurde ebenfalls bei GM SA montiert, wenn auch mit etwas bescheidenerem Erfolg. Dazu sei erwähnt, dass der Ruf von Vauxhall seinerzeit weltweit sehr gelitten hatte. Grund war die schlechte Qualität, gerade auch beim Viva. Für die Verbindung des Viva-Fahrwerks mit der Kadett-Karosseriekonstruktion mussten ein paar Sonderlösungen gefunden werden. Während es im Motorraum kaum Probleme gab, passte das Getriebe nicht in den Tunnel. Selbst als es den Kadett B mit großem Tunnel für die Automatik- und CIH-Versionen gab, wurde weiterhin die Karosse mit dem kleinen Tunnel verwendet und entsprechend umgebaut. Bei der Ab-Fahrgestell-Version des Kadett B wurden die Federteller des Kadett an der Viva-Hinterachse verschweißt. Zudem wurden, ganz pragmatisch, Löcher für das Handbremsseil in die Federteller gebohrt. Das war notwendig, weil beim Viva Radbremszylinder und Handbremsseil genau andersherum angeordnet sind als beim Kadett. Übrigens lässt sich das Handbremsseil ganz ohne Demontage des Rades ausbauen, denn es ist von außen eingehängt. Die Radbremszylinder und hinteren Trommeln des Viva sind etwas größer dimensioniert als beim Kadett, im Betrieb spürt man dies aber nicht. So ganz traute man diesem Kadett Viva-Hybriden offenbar auch bei GM nicht über den Weg. Das Serviceintervall gemäß Scheckheft sieht einen Werkstattbesuch alle 3000 Kilometer vor. Da hatten es die deutschen Kadett-Besitzer mit 5000 Kilometern schon besser! Kommen wir zur Innenausstattung: Die Polster wurden vor Ort hergestellt. Sie fielen aufwendiger aus als bei den deutschen B-Kadetten, und als i-Tüpfelchen ist das Opel-Emblem auf allen Rückenlehnen eingeprägt. Bodenbelag und Himmel unterscheiden sich ebenfalls. Die Scheibenräder sind eine gute Kopie der deutschen Variante. Man kann sie nur daran unterscheiden, dass die Einprägungen fehlen. In den letzten Baujahren wurde die Olympia-Radkappe montiert. Oder besser gesagt eine, die so aussieht, denn legt man sie neben eine originale Radkappe, bemerkt man, dass die Kopie hier weniger präzise umgesetzt wurde. Die Stoßstange des Kadett B wurde wohl als zu zierlich angesehen und recht bald durch eine zweiteilige, „bulligere“ Version ersetzt. Ausnahmsweise griff man dieses Mal doch ins Opel-Arsenal: Die Stoßstangen des Rekord A/B mussten nur ein wenig gekürzt werden und passten dann solide an den Kadett.



Zum Stichwort Modellpflege ist es im Motorraum auffällig, dass man auch über 1967 hinaus am großen Kühler festgehalten hat. Man kann nur mutmaßen, dass man dem Viva-Motor nicht zu viel zumuten wollte. Als Konsequenz nahm man auf sich, dass aus den angelieferten und fertig verschweißten Karosserien die seitlichen Luftleitbleche wieder herausgetrennt und die schmaleren aus der bis-Serie eingesetzt wurden. Das führt aus Sicht des deutschen TÜV zu einer schweren Verfehlung, denn damit verschwand die eingeschlagene Fahrzeug-Identnummer. Die ist keine Notwendigkeit in Südafrika, das in der B-Säule eingenietete Typenschild ist dort ausreichend. Für das Nachschlagen der Nummer darf man sich dann auch gleich noch das Alphabet besorgen, denn die Schlagzahlen 0 bis 9 reichen nicht aus: Die B-Kadetten erhalten in Port Elizabeth eine erweiterte Identifikationsnummer. Immerhin: Korrosion mochte man in Südafrika genauso wenig wie bei uns. Die Karosserie wurde sogar weitaus aufwendiger versiegelt als in Bochum. Äußerlich geht man auch in Südafrika mit der Mode. In den letzten Produktionsjahren bis 1973 übernimmt man wesentliche Bestandteile des US-Exportmodells. Zuvor wird mit Anbauteilen des Olympia experimentiert. Immer wieder finden sich dabei kleine Überraschungen, die den Pragmatismus demonstrieren. Ein Beispiel: In den letzten Baujahren gibt es zwei Modelle, Kadett und Kadett L. Da in Deutschland das „L“ am Heck aber aus der Mode kam, hat man einfach den neuen, kurzen Schriftzug Kadett mit dem alten geschwungenen „L“ kombiniert – für Kenner ein gewöhnungsbedürftiger Anblick. Die aufgrund von gesetzlichen Vorgaben notwendigen Änderungen gegenüber Deutschland fallen moderat aus: Vorgegeben waren zusätzliche Reflektoren vorn (weiß) sowie hinten (rot). Obwohl englisch beeinflusst, lautet der Tacho übrigens auf km, nicht auf mls. Zum Schluss noch ein Blick auf die Auswahl an Motoren und Karosserievarianten: 1965 wurde zunächst der 1,0-l-Motor des Viva HA angeboten. Später wurde dessen Weiterentwicklung, der 1,25-l-Motor, zum Standard. Größere Motoren gab es nicht im Angebot. Das ist ein wenig verwunderlich, denn gerade in Südafrika hatte man einen Hang zu großen Motoren. Wenn etwas Größeres hineinpasste, dann wurde es zumeist auch ab Werk angeboten. Zu kaufen gab es die zwei- und viertürige Limousine, das Kiemen-Coupé und das F-Coupé sowie den dreitürigen CarAVan. Über die Stückzahlen gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Die CKD-Verkaufszahlen von Opel nach Südafrika lassen auf mehrere tausend Stück für den Produktionszeitraum von 1965 bis 1973 schließen. Die Ersatzteilversorgung für Kadett B in Südafrika ist miserabel, auch wenn das GM-Regal hilft, den Wagen irgendwie am Laufen zu halten. Daher sind unverbastelte Fahrzeuge kaum noch zu finden. Afrika ist nicht gleichbedeutend mit trockener Wüste, und so ist leider auch Rost ein Problem, denn an den Küsten herrscht Salzwassereinfluss. Es ist schon jetzt deutlich einfacher, dort einen guten Manta A oder Rekord (als Ranger, Chevy 2500 etc.) zu finden als einen entsprechenden Kadett B.
Dr. Jan-Oliver Wagner *2132
(Anm. d. Red.: Dieser Artikel ist bereits im Zuverlässigen Nr. 201 im Juni 2010 erschienen und wurde leicht überarbeitet. Einige Originalbilder von 2010 sind nicht mehr vorhanden.)