Sonne in den Oldtimer

Oldtimer und Sonne, das gehört zusammen, wie Spass und Freude. Wer fährt schon gerne sein kraftfahrzeugtechnisches Kulturgut bei schlechtem Wetter, ohne daran zu denken, wo denn jetzt wieder Rost entstehen wird. Aber ‚Sonne in den Oldtimer?‘, geht das? Ergibt das Sinn? Und vorallem, wie geht das?

Fragen über Fragen, auf die ich in diesem Bericht zumindest weitestgehend eingehen möchte.

Es ist ja so, dass unsere Welt sich im kontinuierlichem Wandel befindet. Dies wird in naher Zukunft besonders unser Hobby betreffen. Ich sage es mal so, das Recht auf ein ‚H‘-Kennzeichen oder eine rote ’07er‘ ist nicht in Stein gemeißelt, insbesondere, wenn man den Schadstoff-Ausstoß betrachtet. Deswegen hatte ich dazu aufgerufen im 50. Jahr des Bestehens unserer Alt-Opel IG unser Hobby in die Zukunft zu führen, quasi Oldtimer-Hobby 2.0.

Natürlich müssen wir, im Trend der heutigen Zeit, den CO2-Ausstoß senken, auch wenn wir, vorrausgesetzt, die Fahrzeuge werden wie Kulturgüter eingesetzt, einen überschaubaren Anteil am globalen CO2-Ausstoß haben. Man riecht nun mal bei unseren Fahrzeugen, dass hier nicht die neueste Abgastechnik zum Einsatz kommt. Und gefühlt trägt so ein Auto bestimmt auch stark zum Klimawandel bei. So oder so ähnlich ist dies in vielen Köpfen verankert, die von Haus aus nichts mit unserem Hobby zu tun haben. Was wir also brauchen ist eine positive PR, um als Zukunftsfähig wahr genommen zu werden. Allerdings müssen wir dem auch Taten folgen lassen.

Welche Möglichkeiten haben wir also?

Vom Prinzip her gibt es drei Möglichkeiten unser Hobby umweltverträgicher zu machen:

1.) Umbau auf einen Elektro-Motor
2.) CO2-Kompensation
3.) CO2-neutralen Sprit tanken

Die erste Möglichkeit lasse ich bei meiner Betrachtungsweise ausser Acht, weil dies sehr teuer ist, der Oldtimer danach kein Oldtimer mehr ist und für den Umbau weitere Schadschoffe freigesetzt werden. Beiben also nur die Kompensation und das Drehen an der Spritschraube. Sowohl bei der Kompensation, als auch beim Sprit gibt es jeweils zwei Ansätze, ich ich jeweils beleuchten möchte.

A.) CO2-Kompensation durch andere Klima-Projekte

Bei diesem Typus gibt es mehrere Anbieter, bei denen man seinen CO2-Ausstoß kompensieren kann, wie zum Beispiel: atmosfair, Klima-Kollekte, Primaklima und viele mehr. Man spricht hier auch bewusst von Kompensation und nicht von Neutralität, da wir ja weiterhin hier in Deutschland CO2 erzeugen. Der Ansatz ist, von dem eingenommenen Geld Klimaprojekte wie Aufforstungen, Windräderbau und vieles mehr zu finanzieren, um so CO2 einzusparen. Über diesen Weg haben Udo Feck und ich unsere letzten Oldtimer-Ausfahrten/ Typtreffen kompensiert, allerdings über verschiedene Anbieter. Ich hatte mich für ‚atmosfair‘, den Testsieger entschieden und damit für ein Projekt, das in Ruanda effiziente Öfen in die ländlichen Haushalte bringt, die 80% weniger Brennholz verbrauchen. Die meisten Anbieter rufen hiefür einen Preis von ungefähr 23 Euro pro Tonne CO2 auf. Beschäftigt man sich mit der Rechnung, wieviel CO2 ein Auto auf 100 Kilometer ausstößt, so kommt sehr schnell die Erkenntnis, dass diese Art der Kompensation preislich kaum ins Gewicht fällt. Bei unserer Ausfahrt galt es für 17 Fahrzeuge und eine Strecke von 180 Kilometern zuzüglich An-und Abfahrt eine Tonne CO2 zu kompensieren. Die Formel zu Berechnung lautet:

CO2 ([T] = Verbrauch [l/100km)] * 23,8 [g/(km * l)] * Strecke [Km] / 1000000 (Benziner)

Natürlich kann man das als ‚Green Washing‘ ansehen, denn letztendlich ändert sich vor Ort nichts. Aber dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, nämlich der medialen Aufmerksamkeit und dem Bewustsein für die Umwelt.

B.) CO2-Kompensation durch Zukauf von Verschutzungsrechten

Industrie und Staaten wird ein gewisses Recht zur Verschutzung zugebilligt. Dies wird über einen Handel von CO2-Emissionen geregelt. Diese Zertifikate werden von Jahr zu Jahr immer weiter verknappt und Firmen, die mehr CO2 ausstoßen als sie dürfen, müssen sich auf dem freien Markt weitere Verschutzungsrechte hinzukaufen. Anbieter von solchen Zertifikaten sind unter anderem Firmen wie ‚Geld-für-eAuto.de‘, deren Geschäft es ist frei werdende CO2-Emissionen im Straßenverkehr durch eAutos zu bündeln, damit zu Handeln und den eAuto-Fahrern teilweise zu vergüten. Eine, wie ich finde, gute Sache, da hier definitiv auch in Deutschland CO2 eingespart wird. Auch diesem Weg bin ich selbstredend nachgegangen und hatte ein sehr interessantes Erstgespräch mit der Firma ‚geld-fuer-ihr-eauto.de‘. Jedoch wird hier die Tonne CO2 am Markt mit 400-500 Euro gehandelt. Selbst wenn wir einen Kooperationsvertrag aushandeln könnte, würde dies leider doch den Rahmen sprengen.

Hmm, auch eine Sackgasse? Aber zwei Möglichkeiten haben wir noch und gehen dabei ins Eingemachte. Wir bezahlen kein Geld dafür, dass andere für uns CO2 einsparen, sondern nutzen Treibstoffe, die nicht mehr CO2 emittieren als bei der Herstellung gebunden wurde.

C.) BioSprit auf einer höheren Ethanol Basis

Theoretisch ist es ja relativ einfach den Ethanolanteil im Benzin zu erhöhen. So könnte man zumindest denken, denn dieser wird aus Pflanzen und Bioabfällen hergestellt. Brasilien macht es schon vor. Jedoch beschert uns dies weitere Probleme, der Konflikt zwischen Teller und Tank zum Beispiel. Ausserdem sind viele Motoren und Schläuche einem höheren Ethanol-Gehalt nicht gewachsen. Einen entsprechenden Aufschrei gab es bei der Einführung von E10. Ford bot seinerzeit einen Focus an, der mit E85 klar kommen sollte. Erfahrungsberichte hierzu sind mir zwar nicht bekannt, aber die Tatsache, dass sich E85 an den Tankstellen bei uns nicht durchgesetzt hat, spricht für sich. Fakt ist, unsere alten Opel müssten entsprechend umgerüstet werden, was zum Einen Geld kostet und zum Anderen eben nicht mehr original ist.

Ich denke, wir sind uns einig, dass dies keine Lösung ist. Der Königsweg aus der Misere sind dafür die sogenannten eFuels, die ich daher tiefer beleuchten möchte.

D.) eFuels aus erneuerbarer Energie

Vorweg, eFuels haben chemisch mit dem Biosprit nichts gemein, dafür aber mit den herkömmlichen Treibstoffen auf Mineralölbasis. eFuels sind synthetisch erzeugte Kraftstoffe, die speziell ‚designed‘ werden um den Spezifikationen der herkömmlichen Treibstoffe zu entsprechen. Dabei ist ihre Herstellung komplett CO2-neutral aus Sonnen- und/oder Windenergie. Schlicht gesagt bestehen eFuels aus Wind, Sonne, Wasser und CO2 aus der Luft. Nur, wie funktioniert dies?

Benzin und andere Kraftstoffe basieren auf Kohlenwasserstoffketten. Man benötigt also sowohl Wasserstoff als auch Kohlenstoff.

Für die Techniker unter uns beleuchte ich hier den schematischen Herstellungsprozess. Wir brauchen Wasser, denn Wasser besteht aus zwei Wasserstoff- (H) und einem Sauerstoffatom (O). Salopp kann man sagen, Wasser ist ‚verrosteter‘ Wasserstoff. Per Elektrolyse wird das Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespaltet. Es wird Strom benötigt um die Verbindung aufzulösen. Jeder von uns wird dies schon einmal im Physikunterricht ausprobiert haben. Der so gewonnene Wasserstoff wird zur Weiterverarbeitung aufgefangen und der Sauerstoff ist dabei größtenteils ein ‚Abfallprodukt‘.

Otto- und Diesel-Kraftstoffe enthalten aber auch Kohlenstoffatome (C). Zur Gewinnung dieses Kohlenstoffs wird das sogenannte DAC-Verfahren eingesetzt. DAC steht für Direkt Air Capture, zu deutsch: direktes Ausfiltern von Kohlenstoff aus der Luft. Bei diesem Verfahren wird mittels großer Lüfter Luft durch einen Abscheideapparat geführt. Danach werden die einzelnen Atome zu Molekülketten zusammengebaut, die den heutigen Kraftstoffen entsprechen. Wie dies im Einzelnen genau funktioniert, werde ich im kommenden ‚Zuverlässigen‘ beschreiben. So aufwendig dieser Prozess auch sein mag, er hat viele Vorteile, allerdings auf den ersten Blick auch einen Nachteil. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass der daraus gewonnene Sprit genau unseren derzeitigen mineralischen Spritsorten entspricht. Unsere Oldtimer müssen dafür nicht verändert werden. Außerdem sind alle dafür nötigen Verfahren bereits entwickelt und brauchen nur noch für den Masseneinsatz optimiert zu werden. Der Nachteil ist die Energieeffizienz. Zumindest auf den ersten Blick, wenn die Herstellung in unseren Breitengraden stattfindet. Nutzt man hingegen PV-Strom aus den sonnenreichen Gebieten, wie z.B. der Sahara, oder Windstrom von den Anden, so relativiert sich dieser Nachteil, da dort die Ausbeute sehr viel höher ist als hier. Erzeugt man die eFuels vor Ort, kann der Strom direkt ohne Verluste umgesetzt werden. Hinzu kommt, dass die eFuels über die gleichen bestehenden Transportwege wie etwa die mineralischen Treibstoffe transportiert werden können, was mit dem dort erzeugten Strom eben nicht geht. Ein Liter eFuel speichert knapp neun Kilowattstunden Strom. Damit sind eFuels eine sinnvolle Ergänzung zu BEV-Fahrzeugen und insbesondere auch für den Einsatz in PHEV-Fahrzeugen geeignet.
Allerdings sind die Kapzitäten zur Zeit noch sehr begrenzt und auch noch nicht wirklich konkurrenzfähig, was nicht zuletzt daran liegt, dass auf eFuels die Mineralölsteuer erhoben wird. Leider haben die eFuels zur Zeit noch keinen hohen Stellenwert in der Politik. Wenn man bedenkt, wieviele Verbrenner zur Zeit noch immer neu zugelassen werden, können sich die eFuels zu einem echten Gamechanger entwickeln, da bin ich mir sicher.
Nicht zuletzt deshalb habe ich Kontakt zum eFuel-Verband aufgenommen, wie der eine oder andere sicher an dem Inhalt der Taschen in Altusried bemerkt hat.
Eine Verbindung zwischen der Alt-Opel IG und dem eFuel-Verband ist aus meiner Sicht extrem sinnvoll für beide Seiten. Damit reihen wir uns zusammen mit Porsche in vorderster Reihe ein. In unserem Jubiläumsjahr könnte dies ein wichtiges Ausrufezeichen für die Zukunftsfähigkeit unseres Clubs sein.

Rolf Neumann (*3991)

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