Rallye Monte Carlo 1973
Gute Dinge wollen gut vorbereitet sein. Als das Rallyejahr 1972 zu Ende ging, begannen schon die Planungen für das nächste Jahr. Wie konnte Opel bei der werbeträchtigsten Rallye Monte Carlo auftreten, obwohl Ford in der Zweiliterklasse durch extreme Homologation überlegen war? Bei Opel-GM Schweden hatte man eine effektive Idee, welche auch bei Opel in Rüsselsheim für große Augen sorgte. Jedes Kind wusste, Rallyeautos haben Schaltgetriebe! So kam das Rallyeteam um Stallchef Ragnar „Ragge“ Eklund auf die Idee, das stabile Automatic-Getriebe in zwei neu aufzubauende Ascona A 1.9, in Gruppe Zwei Version, zu verwenden.
Die beiden Wagenteams A, Kulläng/C.G. Andersson sowie L.B. Nasenius/B. Cederberg bilden. Für den Damenpokal der Monte wählte man das erfahrene Ladiesteam S. Österberg/I. Endering aus. Die Damen starteten mit einem Ascona, Gruppe 2, aus dem Sportjahr ´72, erkennbar an der amtlichen Zulassung. Ab dem 1. Januar 1973 bekamen die Schweden nämlich eine neue Art von Pkw-Kennzeichnung.
Während im Winteranfang 1972 die Teamvorbereitungen mit allen Fahrzeugbesatzungen in Frankreich die normalen Abläufe einstudierte, wurden in Stockholm die beiden Rallyewagen aufgebaut. Auch die Dunlop Reifen auf den schwedischen Alufelgen Typ MK1 erwiesen sich als gutes Team. In Frankreich verwendete man einen Ascona mit Schaltgetriebe, mit der Zulassung FGW 229. Er wurde nach der Monte von Lars Carlsson gekauft, neu im Schwedenteam war der Motorenmechaniker Jan Carneborn. Er sollte später ins werksseitige Rallyeteam wechseln. Die Motoren für diese Rallye wurden auf gute 170-DINPS gebracht und hatten die Grauguss-Zylinderköpfe. Die Nockenwellen kamen vermutlich von Nils Hedlund. Die Ventildeckel waren jedoch silbern lackiert, um der Optik des Crossflow-Kopfes näher zu kommen. Die Rallyewagen wurden dann nach Rüsselsheim gebracht und im E26, wo sich die Automatic-Gruppe befand, wurden die AT Getriebe Typ TH180 rallyetauglich gemacht. So wurde der Modulator dahin geändert, dass das Getriebe bis 7000 UPM des Motors im eingelegten Gang blieb. Im Schaltsystem wurde eine stärkere Feder eingebaut und das Getriebeöl DEXRON-D eingefüllt. Vom Wählhebel wurde die Sperre des Rückwärtsganges entfernt. Der Wandler der Commodore-Automatic wurde erlaubterweise auch
verwendet.
Opel Rüsselheim schickte durch die Sportbetreuung, das Opel Euro Händler Team gab es noch nicht, zwei Rekord C Caravan, ausgestattet mit Motoren des Admiral, als Rallyeservice. Die Besatzungen waren F. Meuer/H. Fabian sowie H. Linden/ R. Heil. Mit in die schwedischen Serviceteams integriert wurden aus der AT-Gruppe K. Bender, D. Schwarzer und J. Chytry. Als Beobachter bildeten T. P.. Preikschat/G. Hinterthan ein Team. Mehr Beteiligte konnte ich nicht mehr herausfinden.
Offiziell war der deutsche Startpunkt der Monte ´73 Frankfurt, was jedoch nicht stimmte. Gestartet wurde mit vielen Zuschauern in Hanau. Alle drei Schweden-Opel erreichten die Zwischenziele problemlos. Lille Bror Nasenius legte den erfahrenen Fahrstil auf die Strecke, Anders Kulläng fuhr im Stile eines Wirbelwindes, was nicht nur die Zuschauer begeisterte. Vor Freude sprang ihm auch ein kleiner Baum in die Querfahrt und beschädigte hinten links die Verbreiterung, zerstörte den Dunlop-Reifen und dieser dann die Bremsleitung. So bremste Anders zeitweise, indem er die Automatic auf -R- stellte. Dabei ging aber die Öltemperatur im Getriebe bis auf 150 Grad (Im Normalbetrieb liegt sie bei 110/12 Grad). So verlor er jedoch fünf Minuten auf die Spitze. Innerhalb der ersten Schleife am Col de Perty über 20 km führ Nasenius die zehntbeste Zeit und Anders Kulläng sogar die siebtbeste. Nach der ersten Schleife belegten die Automatic Ascona die Plätze 14 und 16. In der Zielstadt Monte Carlo regnete es zwar, aber weshalb wurden denn die Scheibenwischer erfunden?
Die zweite Schleife setzte die Opel Ascona nochmals in große Licht. Über den berühmt-berüchtigten Col de Turini, 23 km Länge, drifteten die beiden Schweden auf die Bestzeitenplätze 10 und 8. In der Endabrechnung bedeutete das die Platzierungen 12 und 13 sowie in der Klasse die Positionen 3 und 4. Daran hatten auch die Beifahrer ihren guten Anteil. Das Team Henri Greder/Henri Duclos erreichte mit seinem Crossflow-Ascona die Position 24. Aber schon auf Rang 27 kamen Sylvia Österberg/Inga-Lill Edenring als Gewinnerinnen des Coupe des Dames ins Ziel. Zur Siegerehrung fuhren Sylvia uns Inga-Lill sehr chic bekleidet mit ihrem „52“ vor. Über diese drei Opel Ascona berichtete die Presse ausgiebig und aktuell gibt es vom „52“ ein 1:43 Modell von Atlas Collections. Jan Carneborn kaufte Ende des Jahres 1973 den Nasenius Ascona und ist selbst eine Geschichte wert.
Der Film
Als ich im Jahre 2000 innerhalb der Opel AG in den Bereich Safety wechselte, sagte mir ein Kollege: Wir haben auch noch einen Film von der Tour de France. Fahrräder? Nein, Autos! Am nächsten Tag sah ich schon am Vorspann, dieses muss die Rallye Monte Carlo sein. Dann kam die Titeleinblendung „Der heimliche Sieger“ und schon waren auch die Automatic-Ascona bei der Monte ´73 zu sehen. Der Film wurde von der Firma ADH, Osnabrück, für die Sportförderung gedreht. Die Spielzeit beträgt 17 Minuten. Der Film kam zu Safety weil er im 16 mm Format gedreht wurde und nur in der Safety ein entsprechender Projektor war. Dann geriet er in Vergessenheit. Am nächsten Tag rief ich Heinz Zettel an, den damaligen Leiter der Öffentlichkeitsarbeit/ Oldtimerabteilung. Er ließ den Film sofort abholen und einlagern.
Text: Norbert Kelleter *3890
Bilder: N. Kelleter, Alt Opel Archiv