Opel 1,3 Liter – Holzwurm

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Heute möchte ich Ihnen eine Geschichte erzählen, die noch ein paar Facetten und Erlebnisse mehr in das Leben meines geliebten Opels bringt, der für uns wie ein Familienmitglied geworden ist.

Schauen wir uns zunächst die allgemeinen Daten des Opel 1,3 Liter an. Von 1934 bis 1935 baute Opel etwa 29.000 dieser Modelle. Es gab verschiedene Karosserievarianten wie 2- und 4-türige Limousine, Cabriolet-Limousine und Vollcabrio. Eine Kabriolimousine wird auch Hochfenster-Cabriolet genannt und ist eigentlich ein Auto mit einem sehr großen zu öffnenden Sonnendach, d. h. die Rahmen um die Fenster sind fest und können nicht heruntergeklappt werden.

Der Opel 1,3 Liter hat einen Vierzylindermotor mit 1288 ccm und 24 PS bei 3200 U/min.. Das Getriebe hat 4 Gänge und ist nicht synchronisiert. Der Radstand beträgt 2474 mm bei einer Spurweite von 1165 mm. Die Höchstgeschwindigkeit wurde mit 90 km/h angegeben, das zulässige Gesamtgewicht beträgt 1345 kg. Die Besonderheit des Opel 1,3 Liter ist jedoch die Dubonnet-Einzelradaufhängung, die eine geringe gefederte Masse ermöglicht. Die Karosserie besteht aus einer Hybridkonstruktion, einem Holzgerippe, auf das Blech genagelt wurde. Es ist also ein Auto mit einer Konstruktion, wie man sie heute nicht mehr findet.

Die Geschichte des Opel Holzwurms ist ein großes Abenteuer, das sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt. Heinz Weimer, Lehrer und erster Besitzer des Wagens, fuhr ihn steuerfrei und mit einer Reifenbezugskarte.

Das Produktionsdatum war der 12. September 1934, und am nächsten Tag wurde der Wagen im Opel-Werkslager in Frankfurt am Main vom Vertragshändler Willi Wink Wiesbaden abgeholt und ausgeliefert. Zusammen mit seiner Frau unternahm Heinz damit bis zum Kriegsausbruch zahlreiche Ausflüge und ab dem 17. Juni 1937 sogar eine zeitweilige Beschäftigung in Kassel. Bei Kriegsausbruch wurde der Wagen in einem Hinterhof in Wiesbaden-Sonnenberg in einem Schuppen ohne Räder versteckt, um ihn vor den Unwägbarkeiten der Kriegszeit zu schützen. Die Räder wurden unter den Nachbarn aufgeteilt und einzeln versteckt.

Nach dem Krieg durfte Heinz nicht mehr als Lehrer arbeiten und eröffnete stattdessen einen Baustoffhandel. Der Wagen wurde von Willi Wink Wiesbaden zu einem Lieferwagen umgebaut, mit dem 10 Jahre lang Baustoffe ausgeliefert wurden. Das Gebäude des Baustoffhandels war noch lange in Wiesbaden zu sehen und trug auf dem Dach den Schriftzug Baustoffe Weimer. Nach dem Baustoffhandel arbeitete Heinz wieder als Lehrer und nutzte den Holzwurm noch lange für die tägliche Fahrt zur Schule.

Später machte der Sohn von Heinz, Wolfgang, seinen Führerschein auf diesem Auto und übernahm es schließlich von seinem Vater.

Das Fahrzeug wurde bis 1960 mit dem Kennzeichen WI-HW 79 gefahren. Der letzte TÜV-Bericht datiert vom 31. Mai 1960 und zeugt von der Sorgfalt, mit der das Fahrzeug behandelt wurde. Leider ereignete sich ein Unfall, als ein Freund von Wolfgang Weimer, dem Sohn von Heinz, den Wagen fuhr. Doch auch diesen Schicksalsschlag überstand der robuste Opel.

In seiner langen Geschichte hatte er sogar die Ehre, eine Ziege zu transportieren und vieles mehr. Er war ein echtes Familienmitglied, das hart arbeiten musste und trotzdem immer zuverlässig blieb.

Untergestellt war der Holzwurm in einem Wellblechschuppen. Dort stand er mehrere Jahrzehnte, bis er in den 90er Jahren an einen Mercedes-Benz-Händler in Zwingenberg an der Bergstraße verkauft wurde. Von dort kam er zu Kfz-Meister Harald Hoede nach Stockstadt am Rhein. Harald richtete die Karosserie in jahrelanger Kleinarbeit wieder her und legte damit den Grundstein für die heutige Pracht des Wagens.

Seit 2006 bin ich nun stolzer Besitzer dieses unglaublichen Stücks Geschichte. Ich habe viel Zeit, Energie und Liebe in die Aufarbeitung gesteckt. Der Motor wurde komplett überholt, ebenso die Bremsen, die Blattfedern und eigentlich alles, was technisch an dem Wagen zu finden ist. Seitdem bin ich viel mit dem Auto unterwegs, zu vielen Oldtimertreffen und Veranstaltungen.

Durch all die Jahre und Geschichten ist der Opel Holzwurm für mich mehr als nur ein Auto. Er ist ein Zeitzeuge, eine Verbindung zur Vergangenheit und ein Stück Kultur, das ich mit Sorgfalt und Stolz pflege und für die Zukunft erhalten möchte.

Ich hoffe, Ihr konntet einen Einblick in die facettenreiche Geschichte meines Holzwurms gewinnen und vielleicht ein wenig Inspiration für Ihr eigenes Projekt mit Veteranen Fahrzeugen mitnehmen.

Text und Bilder: Christian Gregor *3006

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