Denkt man an Erdöl, darf man nicht nur an Benzin und Diesel denken. Aus Erdöl werden bekanntlich deutlich mehr Produkte hergestellt als nur Treibstoffe. Da ist zum Beispiel die Petrochemische Industrie mit dem Kunststoff auf Basis von Öl.
Führt also kein Weg am Öl vorbei? Vielleicht doch! Denn die Petrochemie kann ebenso von den Entwicklungen der eFuels profitieren, genau wie unser Hobby. Denn um dies für die Zukunft fit zu machen, dürfen wir nicht nachlassen, unser Scherflein zur CO2-Einsparung beizutragen. Als Lösung sehe ich hier ebenfalls die eFuels.
In den heutigen politischen Wirrungen können die eFuels zusätzlich helfen, Abhängigkeiten von einzelnen Staaten zu verschieben. Leider bekommen eFuels dabei noch nicht die politische Aufmerksamkeit, der es hierfür bedarf, aber dies ändert sich hoffentlich gerade. Auch der DEUVET hat nun erkannt, dass die eFuels ein Baustein sein können. Nichtsdestotrotz habe ich mein Netzwerk um die eFuels erweitert und Kontakte zu Opel, Politikern und Redakteuren von Oldtimer-Zeitschriften aufgenommen. Der Kontakt zum e-Fuels Forum hat sich bekanntlich schon in den Taschen vom Jahrestreffen in Altusried gezeigt. Bei Opel findet man den eingeschlagenen Weg richtig und gut, zumal Opel ebenfalls mit eFuels experimentiert (Siehe https://www.alt-opel.eu/club/club-zukunft/).
Aber was sind denn diese eFuels nun eigentlich? Zu meinem Erstaunen wissen selbst viele Beschäftigte in der KFZ-Branche nicht was eFuels sind, geschweige denn, wie der Treibstoff hergestellt wird.
Dies möchte ich hier ein wenig ändern.
Erzeugungsverfahren und deren Geschichte
Technisch gesehen sind eFuels im Labor hergestellte Treibstoffe, die komplett ohne fossile Rohstoffe auskommen.
Die Hauptrohstoffe der eFuels sind Strom, Wasser und Luft, wie im Schaubild zu erkennen ist. Strom wird für fast jeden Bereich der Herstellung benötigt und es ergibt natürlich Sinn, hier nur Strom aus Wind und Sonne zu nutzen. Wie PV- und Windkraft funktionieren, ist wohl allen klar.
Das Wasser wird per Elektrolyse in seine Bestandteile aufgespalten. Reines Wasser besteht chemisch aus H2O, also den Bausteinen H2 (Wasserstoff) und O (Sauerstoff). Wasserstoff kommt in der Natur nur in Molekülform bestehend aus 2 Wasserstoffatomen vor, daher H2. Mittels Energiezufuhr durch Strom lässt sich das H2O in seine Bestandteile aufspalten. Erste Versuche der Elektrolyse gehen auf den italienischen Physiker Alessandro Volta anno domini 1799 zurück und wurden seither stetig verbessert. Für den weiteren Prozess wird eigentlich nur das H2 benötigt und der Sauerstoff kann für andere Zwecke verwendet werden.
Der zweite benötigte Baustein ist C (Kohlenstoff). Damit der Prozess CO2-Neutral bleibt, muss der Kohlenstoff aus der Umgebungsluft gewonnen werden. Die Extraktion von CO2 aus der Umgebungsluft durch das ‚Direct air capture‘ (DAC) Verfahren wurde 1999 vom deutschen Physiker Klaus Lackner in den USA vorgeschlagen und wird seit 2010 vorangetrieben. Trotzdem besteht hier noch immer Entwicklungs- und Investitionsbedarf. Dafür sind solide politische Beschlüsse notwendig, um den Herstellern eine entsprechende Investitionssicherheit zu geben.
Die Umgebungsluft wird beim ‚DAC‘ mit Hilfe von Gebläsen durch einen Abscheideapparat geführt. Dabei kann das CO2 in der Apparatur auf unterschiedliche Weise extrahiert werden. Da gibt es zum Beispiel:
- Die Aminwäsche mit Hilfe organischer Amine.
- Das Chemisorptions-Verfahren mit einem festen Sorptionsmittel.
- Membranabscheidungen mittels semipermeablen Membranen.
Alle diese Verfahren sind noch im Fluss, wie man so schön sagt. Die Wirtschaftlichkeit muss sich also noch beweisen. Die Kosten für die Abscheidung bewegen sich zwischen 10 und 200 USD pro Tonne CO2, je nach Verfahren. Das Trennen auf der Basis flüssiger Amine ist dabei derzeit die günstigste Methode. Das so gewonnene CO2 kann dann entweder gespeichert oder chemisch weiterverarbeitet werden und steht somit als ein Baustein für die Herstellung der eFuels zur Verfügung.
Nach der Gewinnung der Basis Bausteine C (Kohlenstoff) und H2 (Wasserstoff) folgt der chemische Herstellungsprozess nach der Fischer-Tropsch-Synthese. Die FT-Synthese wurde von den deutschen Chemikern Franz Fischer und Hans Tropsch entwickelt und bereits 1925 zum Patent angemeldet. Ausgerechnet im zweiten Weltkrieg haben die Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches der FT-Synthese zur Industriereife verholfen. Da Deutschland über keine größeren Erdöl-Vorkommen verfügt, wurden in chemischen Anlagen mittels Kohle Motorbenzine für die Wehrmacht hergestellt. Dabei wurde von der I.G. Farben in Leuna zur Steigerung der Oktanzahl ebenfalls das Bergius-Pier-Verfahren eingesetzt. Friedrich Bergius hat hierfür 1931 zusammen mit Carl Bosch den Nobelpreis für Chemie bekommen. Nach dem Krieg wurden die Anlagen auf Basis des Washingtoner Beschlusses demontiert und in die USA exportiert.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in mehreren Ländern weltweit einige Produktionsstätten für synthetische Kraftstoffe aus den unterschiedlichsten Gründen aufgebaut, die nach den obengenannten Verfahren arbeiten. Als Basisstoffe dienen in den Anlagen aber sowohl Erdgase als auch Kohle. Besonders zur Zeit der Ölkrise gab es vermehrt Experimente mit der Herstellung synthetischer Treibstoffe. Mit der Verfügbarkeit von billigem Rohöl war dieses Verfahren aber nicht konkurrenzfähig. Bei einer erst nach der Ölkrise fertiggestellten Pilotanlage in Bottrop rechnete sich die Produktion erst ab einem Benzinpreis von 2,30 DM.
Nutzen für die Umwelt
Zur Reduktion des weltweiten CO2 Ausstoßes kann dieses aufwendige Verfahren helfen, einen synthetischen Treibstoff herzustellen, der bei der Verbrennung genau so viel CO2 erzeugt, wie der Umgebungsluft bei der Herstellung entzogen wurde. Damit fahren Verbrenner mit diesem Kraftstoff per Definition CO2-Neutral. Die Technologie ist somit für unsere Old- und Youngtimer prädestiniert. Für die Fahrzeuge ohne aktuelle Abgasreinigung ergibt sich noch ein weiterer Vorteil. Da die Treibstoffe, ähnlich einem LEGO-Baukasten, zusammengebaut werden, können Schadstoffe gezielt minimiert werden. Ein alter Diesel wird also weniger Ruß und weniger NOx produzieren. Trotzdem sind diese synthetisch hergestellten Treibstoffe voll kompatibel mit ihren mineralischen Geschwistern und können nach Belieben gemischt werden. Dadurch kann die bestehende Verteilinfrastruktur komplett genutzt werden.
Mit Sicherheit sind die eFuels kein Allheilmittel für die Zukunft. Es wird einen Mix aus Maßnahmen geben müssen, um den Verkehrssektor CO2-Neutraler zu gestalten, aber die eFuels sollten ein Baustein werden. Daran müssen wir, schon aus Eigennutz, arbeiten. Bei aller Euphorie, es ist also noch viel Arbeit zu tun, sowohl bei der Entwicklung der Großanlagen, als auch beim Marketing. Aber insgesamt kommt Bewegung in die Sache, wie mir Herr Röpe vom ‚eFuels Forum‘ am Telefon erzählte.
Effizienz und Potentiale
Hinzu kommt, dass sich eFuels sehr gut lagern lassen und eine hohe Energiedichte (Benzin: 8,4kWh/l, Diesel: 9,8 kWh/l) aufweisen. Über alle Energieformen hinweg betrachtet ist Deutschland auf den Import von grüner Energie angewiesen. Diese Lücke soll in Zukunft grüner Wasserstoff (H2) schließen. Dieser muss jedoch aufwendig unter hohem Druck oder verflüssigt gelagert werden. Hinzu kommt, dass die kleinen H2 Moleküle durch viele Materialien diffundieren, was durch den hohen Druck noch verstärkt wird. Auch der Energieeinsatz zum Komprimieren (ca. 12%) oder Verflüssigen (ca. 20%) ist dabei nicht zu vernachlässigen.
Aber für die Herstellung von eFuels wird ebenfalls sehr viel Energie benötigt und auf dem Papier beträgt der Wirkungsgrad circa 30%. Dieser Punkt wird immer wieder kontrovers diskutiert.
Gut: Wasser und Luft haben wir zwar nicht im Überfluss, aber dennoch in ausreichender Menge. Aber wie sieht es mit dem Strom aus? Auf den ersten Blick braucht man für die gleiche Strecke die dreifache Menge Strom bei einem mit eFuels betriebenen Fahrzeug im Vergleich zu einem mit einer Batterie betriebenen Fahrzeug. Doch auf den zweiten Blick relativiert sich dies sehr schnell, wenn man sich die Potentiale der grünen Stromerzeugung in der Welt anschaut. Dabei liefert die Sonne in nur drei Stunden so viel Energie, wie die ganze Weltbevölkerung derzeit in einem Jahr benötigt. Somit spielt die Effizienz in der energetisch richtigen Lage eher eine untergeordnete Rolle. Deutschland liegt in einer Zone, in der sowohl Sonne als auch Wind nur mittelmäßig eingebracht werden.
Schaut man auf die Weltkarten der PV- und Windpotentiale, finden sich einige Bereiche und Länder mit einem hohen Potential an PV- oder Windenergie. Dies könnte zum Einen Wohlstand in Länder bringen, in denen derzeit kaum Landwirtschaft betrieben werden kann, weil dort sehr viel Wüste ist, zum Anderen könnten vorhandene Infrastrukturen z.B. in Saudi Arabien und Ghana weiterhin genutzt werden. Die Herstellung von eFuels würde diesen Ländern auch eine wirtschaftliche Perspektive nach der Rohölförderung bieten.
Endliche fossile Energie und Klimawandel
Der Krieg in der Ukraine mit samt seinen Embargos führt uns Deutschen vor Augen, wie sehr wir von Energieimporten abhängig sind. Vielleicht ist das Ergebnis dieser Krise, dass wir ein Stück weit unabhängiger von jeder Art endlicher und fossiler Energie werden. Damit wir in Deutschland bis 2050 CO2-Neutral sind, muss noch sehr viel passieren. Trotzdem hat die Menschheit dazu keine Alternative, wie die jüngsten Klimaereignisse zeigen. Wir sind das Volk der Dichter und Denker, wenn einer eine Schlüsselrolle einnehmen sollte, dann wir. Genau aus diesem Grund müssen wir die Energieversorgung vielfältig angehen. Energie sparen ist ein Gebot der Zukunft, genau wie Effizienz beim Verbrauch. Die Art, wie wir uns täglich fortbewegen, ist dabei ein wichtiger Faktor, aber dies wird der Markt bei steigenden Preisen von selbst regeln.
Batteriebetriebene Fahrzeuge und besserer ÖNPV sind zwei Bausteine im Verkehrssektor, die eFuels können ein Weiterer werden. Zumindest bei Fahrzeugen, deren Umrüstung schwierig wird, wie beispielsweise Schiffe, Flugzeuge, landwirtschaftliche Fahrzeuge, Schwerlast-/Baufahrzeuge und eben auch unsere Old- und Youngtimer. Genau wie unsere Fahrzeuge haben Schiffe, Flugzeuge und salopp Trecker im Vergleich zu den privaten PKWs wesentlich längere Nutzungszeiten. Joachim, ein Landwirt bei uns im Dorf, sagte mal zum Thema Nutzungsdauer eines PCs: ‚Unser Trecker hält über 30 Jahre, das muss der PC auch können‘. Was natürlich für einen PC Quatsch ist, aber Im Flugzeugbau kalkuliert man ebenfalls mit 30 Jahren und im Schiffsbau dürfte dies noch deutlich länger sein. Das bedeutet jedoch, dass selbst, wenn wir heute deren Produktion umstellen könnten, das Ziel von 2050 gerissen werden würde. Da diese Umstellung aber noch nicht einmal in Sichtweite ist und auch der PKW-Verbrennungsmotor fröhlich bis 2035 produziert werden soll, sind die eFuels eine hervorragende Lösung für dieses Problem.
Die Politik muss also JETZT die Weichen stellen, damit für die Firmen die Rechtssicherheit besteht, um in große Anlagen zu investieren. Die Vision der Politik vom grünen Wasserstoff liegt gar nicht so weit davon entfernt, ist aber vermutlich nicht in aller Vollständigkeit durchdacht.
Daher bitte ich Euch Alle, nicht müde zu werden und die Vorteile der eFuels weiter zu verbreiten, denn sie sind der Baustein für die Zukunft unseres Hobbys. Denn was sagte doch Otto Schily anlässlich seines 90ten Geburtstages: „Sollte ich mich nicht lieber zurücklehnen und mit meinen Enkeln Schach spielen? – Aber man verliert nicht sein Verantwortungsbewusstsein – Gerade auch gegenüber der Generation der Enkel.“
Rolf Neumann *3991
Beirat im Vorstand der Alt-Opel IG
Literaturnachweise und Bilder:
Wikipedia, UNITI informiert (12 Fakten um die e-Fuels)