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Das abrupte Ende einer Verliebtheit…

Ich sage es vorneweg: Ich suche eine Sitzbank und die hinteren Seitenverkleidungen für einen Rekord P1 Caravan. Beim Weiterlesen entdecken sie warum.

Wir schreiben den Samstag 25. November 2023. Ich befand mich an einer Kunstausstellung 30 Km von Bellinzona entfernt. Um 13.25 Uhr wurde ich telefonisch informiert, dass ein Gebäude in der nördlichen Industriezone von Bellinzona im Vollbrand lag. Dieses befand sich unmittelbar neben demjenigen meines Sattlers, welcher von mir sofort alarmiert wurde. Mein Freund fuhr sofort hin. Sein Gebäude war zwar unversehrt, doch die Gefahr war gross, dass es vom Feuer ebenfalls attackiert werden konnte. Der starke Wind wehte in diesem Tag gerade in die gefährliche Richtung. Ich fuhr unverzüglich nach Bellinzona zurück und wollte die Brandstelle erreichen, doch die Polizei hatte schon die Zufahrtstrassen weiträumig gesperrt und sie wies mich deshalb zurück: Die Gefahr war zu gross. Meine Bekanntschaft mit allen Polizisten nützte diesmal nicht. Die schwarze Rauchwolke war aus mehreren Kilometern Entfernung sichtbar.

Beunruhigt und mit einem mulmigen Gefühl fuhr ich nach Hause.

Mein Sattler informierte mich später, dass nur das nördliche Nebengebäude vom Feuer interessiert war und dass er deshalb eher beruhigt war. Die Feuerwehr Bellinzona war mit einem Grosseinsatz ausgerückt und der Brand schien unter Kontrolle zu sein. Der Sattler hatte in der Zwischenzeit einige Fahrzeuge in Sicherheit gebracht. Zwei Wagen, darunter ein Rolls Royce der 30er Jahre blieben jedoch dort, weil sie nicht fahrtüchtig waren. Dann sperrte die Polizei ihm den Weg, weil es viel zu gefährlich war, auch nur in der Nähe zu weilen, geschweige das Gebäude zu betreten. Mein Freund hatte klugerweise die Brandstelle auf Umwege erreicht (er hatte schon vermutet, dass die Zufahrtstrassen gesperrt sein könnten) und blieb zuerst kurz von den Einsatzkräften unbemerkt, dann eine Weile toleriert und schlussendlich zurückgewiesen.

Zwei Stunden später hatte sich das Feuer, vom Wind unterstützt, ausgebreitet: Es brannte alles, was in unmittelbarer Nähe der in der Zwischenzweit vernichteten Halle lag (darunter ein Restaurant und die obenliegende Wohnung). Das Gebäude meines Sattlers inklusive! Alles wurde zerstört: Sein Büro, die Maschinen, das Materiallager, die bereits gefertigten Teile, die Kundenwagen. Im Nu waren 40 Jahre Arbeit vernichtet worden. Die entstandene Hitze hatte die Stahlpfähle der Struktur wie Gummi gebogen und das Dach war eingestürzt. Nichts war mehr zu retten. Adam und mir war klar, dass wir einige wichtigen Teile verloren hatten. Amen!

Beim Sattler lagen alle Kleinteile unseres superseltenen Ford Zodiac Mk 2 Bj. 1959: Scheiben, Lampen, innere Türgriffe, Armaturenbrett, Zierleisten sowie das komplette Interieur. Die Sitzbänke und die Türverkleidungen waren soeben mit feinem zweifarbigem Leder – beige und braun, wie original – neu bezogen worden. Da der Wagen bei ihm demontiert worden war, hatte ich nur die Rohkarosse mit den Achsen und dem Motor heimgebracht. Alles andere lag bei ihm und ging deshalb verloren. Vorgesehen war, dass die Karosserie im Winter 2023-2024 restauriert werden sollte.

Ich hatte diesen Wagen sehr lange gesucht, bis ich ihn per Zufall im Tessin gefunden hatte, einen im Englischen Dagenham montierten Ford, der einzige in unserer Sammlung. Was soll ein Ford in einer Opel-Sammlung? Ich gebe es zu: Mir hat die schöne Form dieses Autos (Zodiac war die luxuriöseste Version unter den (damals genannten) «The Three Graces» Consul, Zephyr und Zodiac) schon als Kind begeistert. Das Auto war in Lugano neu geliefert worden und ich bin der zweite Besitzer. Das modernisierte Modell 1959 war «low line» genannt weil das Dach herabgesetzt worden war, was der Linie zugute kam.

Nach der Fertigstellung hätte ich einen Vergleichstest durchführen wollen zwischen diesen Wagen des Bj. 1959: Einem Opel Kapitän PL-V, einem Vauxhall Cresta PA, dem Ford Zodiac MK 2 und einem Simca Chambord. Anders ausgedrückt: Drei Reihen-Sechszylinder (mit 2’605 cm3, 90 PS bzw. 13.25 Steuer-PS für den Opel, 2’262 cm3, 84 PS bzw. 11.52 Steuer-PS für den Cresta, 2’553 cm3, 90 PS bzw. 13 Steuer-PS für den Ford[1]) gegen den V8-Motor mit 2’351 cm3 und 84 PS bzw. 11.98 Steuer-PS[2] des Französischen Luxusliners. Alle mit einem 3-Gang-Getriebe.

Für den Simca hatte ich schon Kontakte angeknüpft. Kein Problem mit dem Vauxhall: Ich besitze zwar keinen Cresta mehr, doch als Mitglied im Vauxhall Owners Club Switzerland sind die Kontakte garantiert. Dieser Test bleibt wohl nur ein Traum.

Was hat der P1 Caravan mit dem Brand zu tun? Der Wagen liegt doch bei uns. Das stimmt, doch beim Sattler lag noch ein Teil des Interieurs. Die Vorderbank hatte ich schon heimgebracht, die hintere Sitzbank und die hinteren Seitenverkleidungen lagen noch bei ihm und wurden vom Feuer vernichtet. Beim Wagen ist nur die hintere Rückenlehne geblieben, da sie noch nicht ausgebaut worden war. Deshalb mein Aufruf: Sollte jemand eine Sitzbank und die hinteren Seitenverkleidungen (Armlehnen und Zierleisten inkl.) noch übrighaben, dann bitte melden. Zustand und Farbe völlig egal. Den passenden giftgrünen Überzug liegt schon bei uns. Da diese eigenartige und seltene Farbe nur für den Schweizer P1 Ascona verwendet wurde, hatte ich vorsorglich eine Kunststoffrolle gekauft und bei mir eingelagert.

Ich bin ein Glückpilz. Stellen sie sich mal vor: Bis vor fünf Jahren hatten Adam und ich 20 Fahrzeuge im heute abgebrannten Gebäude untergebracht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir den Verlust all dieser Wagen hätten ertragen könnten. Versichert sind sie schon, doch unsere Babys liegen uns am Herzen. Bei einem Brand würdennicht nur die Autos in Rauch aufgehen, sondern auch die Geschichten und Anekdoten die sich um sie ranken, welche von der Versicherung sowieso nicht entgeltet werden könnten. Erschreckend.

Uns ist es diesmal glimpflich gegangen. Der Verlust ist im kleinen Rahmen geblieben. Die Rohkarosse des Ford werde ich wohl verschrotten müssen: Der Brand hat das Projekt vernichtet. Ich könnte möglicherweise einen Ersatzwagen in England oder gar in Australien finden, doch der Plan würde dann sogar einen völlig unvernünftigen Rahmen springen.  Soviel bin ich in diesen Wagen nicht verliebt. Die vielen in der Zwischenzeit eingesammelten Ersatzteile werden verkauft.  

Übrigens: Die Versicherungsdeckung haben wir bereits angepasst… Vorsorglich.

Mattia *782 (mit Adam *3564) Ferrari


[1] Alle Schweizer Angaben (laut AR-Katalog)

[2] Schweizer Angaben (laut AR-Katalog)

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