1984 – neue Steuerung der Produktionsabläufe

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Die Sache mit dem „Topf‘

In den Werken Rüsselsheim und Bochum werden bekanntlich Teilbereiche der Produktion durch ein Steuerungssystem über-wacht und geregelt. Das Leitsystem PIS — Produktions-Informations-System— steuert den Produktionsprozess in allen Phasen und optimiert die Abarbeitungsreihenfolge der Aufträge. Eine wichtige Funktion eines solchen Produktionssteuerungssystems ist die Verfolgung der Karosseriebewegungen während des gesamten Produktionsablaufes. Hierzu wurde jetzt vom Bereich WK ein automatisches System von Erfassungsstellen aufgebaut, das an einen zentralen Prozessrechner angeschlossen ist.

Dieses Erfassungssystem heißt SICARID, was für Siemens Car Identification steht (siehe Kasten). Außer den an den Frontleisten der Karosserien angebrachten Sicarid-Töpfen besteht es aus einer Anzahl von Lesegeräten an bestimmten Punkten der Produktionsbereiche und den dazu gehörenden Auswerteeinheiten. Der Sicarid-Topf selbst enthält keine elektrischen Bauteile, vielmehr befindet sich in seinen Inneren eine Reihe verschiedener Zylinder aus AIuminiumdruckguß. die jeweils eine Funkfrequenz absorbieren. Durch die Verwendung unterschiedlicher Zylindereinsätze wird eine fünfstellige Zahl — die Sicarid-Nummer- fest kodifiziert. So trägt jeder der äußerlich gleich er-scheinenden Sicarid-Töpfe seine eigene „eingeprägte“ Nummer.

Infos zur Radiofrequenz-Identifikation

Bei der Radiofrequenz-Identifikation handelt es sich eigentlich um eine alt bekannte Technologie, denn die ersten Praxisanwendungen zur Identifikation und Lokalisation von Objekten per Funkerkennung gehen bis zum Ende des zweiten Weltkriegs zurück. Die britische Armee setzte ein so genanntes 5ekundàr-Radar zur Freund-Feind-Erkennung von Flugzeugen und Panzern ein. Transponder und Leseeinheiten entschieden damals darüber, ob Stellungen angegriffen werden sollten oder nicht. Bis heute werden Nachfolgesysteme dieser Lösung im militärischen Umfeld genutzt. In den 1960er Jahren kamen dann die ersten kommerziellen Vorläufer der heute bekannten RFID-Technologie auf den Markt. Die SICARID (steht für „Siemens Car Identification“) ermöglichte es. Zunächst Eisenbahnwagen und später Autoteile in der Lackiererei eindeutig zu identifizieren. S0 genannte Hohlraumresonatoren – quasi die ersten vollpassiven und elektromagnetisch aufladbaren Transponder im industriellen Umfeld – dienten als ldentifikationsträger, die durch das Eindrehen von Schrauben einen Datenraum von bis zu 12 Bit abdecken konnten. Die SICARID wurde immerhin bis in die 1980er Jahre eingesetzt.

Band von Funkfrequenzen

Beim Einfahren der Karosserie in den entsprechenden Produktionsbereich. zum Beispiel der Lackiererei in Rüsselsheim, wird der Sicarid-Topf montiert. Die in eine Infrarot-Tastatur ein-gegebene Auftragsnummer der Karosserie wird an den Prozessrechner übertragen und dort intern der entsprechenden Sicarid-Nummer zu-geordnet. Nun gehören beide Nummern während des ganzen Produktionsablaufes eindeutig zueinander. Passiert der Sicarid-Topf nun ein Lesegerät, so strahlt dieses ein breites Band von Funkfrequenzen im Mikrowellenbereich aus. Entsprechend seiner Zylinder reflektiert der Sicarid-Topf ein bestimmtes Frequenzbild, dass das Lesegerät mit dem gesendeten vergleicht. Die auf diese Weise er-mittelte Sicarid -Nummer wird zur Aus-werte-Einheit geleitet. Diese überträgt nach einer Prüfung die Nummer dem Prozessrechner, wo über die zugeordnete Auftragsnummer alle zu diesem Auftrag gehörenden Informationen zur Verfügung stehen. Die Bereitstellung der auftragsbezogenen Daten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Steuerung der Produktionsabläute Um die auf den ersten Blick komplizierten Zusammenhänge zu erläutern, hier ein Beispiel aus der Lackiererei:

Automatische Steuerung

Eine Karosserie nähert sich auf einer Decklacklinie der Spritzkabine. Beim Überfahren eines Lesegerätes wird die Sicarid-Numrner erkannt und über die zugehörige Auswerteeinheit dem Prozessrechner zugeleitet. Erreicht die Karosserie dann die Lackierkabine, so signalisiert die automatische Steuerung dieser Kabine über berührungslose Endschalter deren Einlaufen.

Um die Lackierung jetzt ausführen zu können, benötigt die Steuerung Informationen über Kontur. Farbe, etwaige Sonderausführungen wie Berlina, Schiebedach und ähnliches. Diese Daten fordert die Steuerung vom Prozessrechner an. Mittels der erkannten Sicarid-Nummer ordnet der Rechner die notwendigen Daten zu und über-trägt sie an die Steuerung. Die erhaltenen Informationen 8etttdieSteuerung nun um in einen etwa notwendigen Farbwechsel und das entsprechende Lackierprogramm. Gleichzeitig werden für die Anzeigen an den Kabinen• wänden Informationen zur Unterstützung der manuellen Operationen geliefert. Ähnlich wie in diesem Beispiel beschrieben, erfolgt auch die Steuerung anderer Produktionsabläute. Die Verfügbarkeit der Auftragsdaten in le-der Phase des Produktionsprozesses spielt dabei eine wichtige Rolle.

Opel Post, ergänzt: Matthias Göbel *4352

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